Erster „Cross The Line“-Workshop in Deutschland

Premiere in Ratekau bringt 200 Jugendliche zusammen – Emotionale Erfahrungen schaffen neue Verbindungen

Sechs Stunden volle Konzentration, emotionale Höhen und Tiefen, und am Ende ein spürbares Zusammenrücken: Am 8. und 10. Dezember fand an der Cesar Klein Schule in Ratekau der erste Cross The Line Workshop in Deutschland statt. Insgesamt arbeiteten rund 200 Schülerinnen und Schüler des 8. und 9. Jahrgangs mit ihren Klassenlehrkräften, den Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie zwölf Mitarbeitenden der Organisation an dem intensiven Programm.

Cross The Line ist ein Zusammenschluss von gemeinnützigen Organisationen, die Workshops anbieten, um Empathie und Verbindung zu fördern. Das Programm stammt ursprünglich aus den USA („Challenge Day“) und wurde in Belgien und den Niederlanden als „Over de Streep“ für den europäischen Kontext adaptiert. Der Ansatz basiert auf praktischen Übungen, die soziale Barrieren sichtbar machen und abbauen sollen.

Durch die Übungen lernen Jugendliche, offen über persönliche Erfahrungen, Meinungen und Herausforderungen zu sprechen. Dabei entsteht ein Raum, in dem gegenseitiges Verständnis und Empathie gefördert werden. Auch Themen wie Ausgrenzung, Konflikte, Mut und Zivilcourage werden angesprochen.

Das Herzstück: Das Linienspiel

Die Teilnehmenden werden dazu eingeladen, buchstäblich „eine Linie zu überschreiten“ – als Symbol dafür, wie gemeinsame Erfahrungen verbinden und Vorurteile sich auflösen können. Bei der zentralen Übung, dem Linienspiel, wird eine Linie quer durch die Turnhalle geklebt. Alle stehen auf einer Seite. Dann werden etwa 40 persönliche Fragen vorgelesen – etwa zu Erfahrungen mit Mobbing, Verlusten oder familiären Herausforderungen. Wer eine Frage mit Ja beantworten kann, geht auf die andere Seite und dreht sich zu den anderen um. Diese zeigen dann ein Handzeichen aus der Gebärdensprache – als Zeichen für „Ich sehe dich, ich respektiere dich, ich bin bei dir“.

Der Tag wechselt zwischen energiegeladenen Spielen und ernsten Momenten. Die Workshopleitenden erzählen sehr persönliche Geschichten aus ihrem Leben – und schaffen so einen Raum, in dem auch die Jugendlichen sich öffnen können.

„Mir gefällt an dem Konzept von Cross The Line die Professionalität im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern und ihren individuellen Persönlichkeiten“, erklärt Ulf Krebelder, CKS-Lehrer und Organisator des Workshops. „Jede Übung hat eine Bedeutung und alles baut perfekt aufeinander auf. Die erwachsenen Begleiterinnen und Begleiter, wovon hoffentlich viele Lehrkräfte mit direktem Bezug zur Klasse dabei sind, machen gemeinsam die gleichen emotionalen Erfahrungen, was nachhaltig ein tieferes Verständnis, nicht nur zwischen den Schülerinnen und Schülern, sondern auch zwischen Schülern und Lehrkräften bewirkt.“

Emotionale Tiefe überrascht alle Beteiligten

„Ich habe den Tag als große Bereicherung für alle empfunden“, berichtet Ulf Krebelder weiter. „Beeindruckend war die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, aufeinander zu zugehen. Sie haben die sechs Stunden konzentriert und wertschätzend mitgemacht, weil sie persönlich abgeholt wurden und sich in dem Rahmen sicher gefühlt haben. Bei der Nachbesprechung am Folgetag haben die Schülerinnen und Schüler sich sehr positiv geäußert. Auch wenn es eine Achterbahn der Gefühle war, so hat jeder und jede, ob aktiv oder zurückhaltend, etwas mitgenommen.“

Schülerstimmen: Von Skepsis zu tiefer Berührung

Die Schülerstimmen zeichnen ein eindrucksvolles Bild der Workshop-Erfahrung. „Anfangs war ich nicht überzeugt, ehrlich gesagt. Aber am Ende hat es wirklich etwas mit mir gemacht“, sagt eine Schülerin. „Vor allem das Linienspiel war für mich herausfordernd – ich bin oft über die Linie gegangen.“

„Es war sehr emotional und hat mich tief berührt“, ergänzt ein anderer Schüler. „Ich habe viel über die Gefühle anderer erfahren – auch darüber, wie stark Mobbing, Drogenkonsum oder Alkohol Menschen belasten können.“

Eine Schülerin beschreibt die Tiefe der Erfahrung so: „Es war intensiv, aber auch wirklich schön. Man hat gelernt, in sich hineinzuhorchen und zu fragen: Was liegt eigentlich unter der Oberfläche? Und dann zu sehen, dass andere das auch mit einem teilen – das war besonders.“

Besonders das Gemeinschaftsgefühl hat sich durch den Workshop verändert: „Ich glaube, wir sind enger zusammengewachsen. Auch mit Leuten, mit denen ich vorher noch nie wirklich gesprochen habe, konnte ich plötzlich persönliche Dinge teilen“, berichtet eine Teilnehmerin.

„Ich habe mich Menschen geöffnet, mit denen ich vorher kaum etwas zu tun hatte. Das hätte ich nicht erwartet“, fügt eine andere hinzu. „Der Tag war emotional, aber auch wunderschön aufgebaut. Wir haben viel mehr übereinander erfahren.“

Was bleibt nach dem Workshop?

Die Jugendlichen nehmen konkrete Impulse mit in ihren Alltag: „Ich nehme mit, dass ich mehr auf meine Umgebung achten will. Und dass ich eingreifen kann, wenn jemand gemobbt wird“, sagt eine Schülerin.

„Ich hoffe, dass wir jetzt als Gemeinschaft leben können – dass sich jeder so zeigen darf, wie er wirklich ist“, formuliert ein anderer Teilnehmer seine Hoffnung.

„Der Tag hat uns gezeigt, dass wir nicht alleine mit unseren Problemen sind und hat uns näher zusammenrücken lassen“, freut sich Schüler Dejan.

Schulleiterin würdigt die Offenheit der Schülerschaft

„Wir sind stolz, dass unsere Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Maß an Offenheit und Ernsthaftigkeit teilnahmen“, freut sich Liane Laube, Schulleiterin der Cesar Klein Schule. „Der Workshop konnte Gemeinsamkeiten betonen und das Zusammengehörigkeitsgefühl steigern. Für unsere Schule war der Workshop eine große Bereicherung.“

Ein Impuls für eine neue Schulkultur

Für die Schule in Ratekau war der Workshop ein wichtiger Schritt in Richtung einer neuen Schulkultur. „Aus Sicht der Schule haben wir uns entschieden, den Workshop Cross The Line anzubieten, weil wir im zunehmend komplexeren Spannungsfeld Schule nach Möglichkeiten gesucht haben, Schule für Schülerinnen und Schüler attraktiver zu gestalten“, erklärt Ulf Krebelder. „Schule muss ein Lebensraum für Schülerinnen und Schüler sein, in dem sie sich sicher fühlen, mit dem sie sich verbunden fühlen.“

„Der Workshop hat mir gezeigt, dass auch Schülerinnen und Schüler, von denen ich es nicht erwartet habe, noch sehr empathisch sein können“, ergänzt Ulf Krebelder.

Seine Empfehlung ist eindeutig: „Ich würde den Workshop auf jeden Fall jedem weiterempfehlen. Er kann als perfekter Start in eine neue Schulkultur verwendet werden, bei der die Beziehungsarbeit in den Fokus kommt. Mit zunehmender Digitalisierung verlieren die Menschen immer mehr Lebensbezug zueinander. Diese verdrängten Werte müssen für die Zukunft unserer Welt unbedingt wiederbelebt werden.“

Dankbarkeit für das Vertrauen

„Cross The Line schafft es, schwierige Themen so zugänglich zu machen, dass die Jugendlichen sich freiwillig öffnen“, erklärt Ulf Krebelder. „Die Zusammenarbeit mit den Workshopleitenden, die extra aus Belgien anreisten, verlief hervorragend. Wir sind dankbar und sehr stolz, dass die Cesar Klein Schule die erste Schule in Deutschland sein durfte, die einen Cross-The-Line-Workshop durchführen konnte.“

Marco Beckers, der das Programm mit seinem Team nach Deutschland gebracht hat, zeigt sich tief bewegt: „Wir sind unglaublich dankbar für das Vertrauen, das uns Liane Laube, Ulf Krebelder und das gesamte Team der Cesar Klein Schule entgegengebracht haben. Sie haben sich getraut, etwas Neues zu wagen – und damit einen wichtigen Impuls für die Schulkultur gesetzt. Dass wir die ersten Cross The Line Workshops in Deutschland an ihrer Schule durchführen durften, ist nicht selbstverständlich und bedeutet uns sehr viel.“

Die Vision des Teams: „Ich hoffe sehr, dass noch viele Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland von der wertvollen Arbeit des Cross-The-Line-Teams profitieren werden“, so Ulf Krebelder abschließend.

___

Kontakt: Interessierte Schulen können sich an Marco Beckers wenden: marco@crosstheline.info | Weitere Informationen: www.crosstheline.info